Als wir am Morgen nach Bergedorf zum Busstopp fuhren, wussten wir noch nicht, wohin die Tour mit Reisering gehen sollte. Laut Ausschreibung hieß es „Fahrt ins Blaue“. Aber Überraschungen sind spannend, obwohl wir aufgrund des Wetters die Reise um-tauften in „Fahrt ins Graue“. Es nieselte und die Wolken hingen tief. Die Wetteraussichten gaben ebenfalls wenig Hoffnung auf Besse-rung. Typisches norddeutsches Grisel-Grusel für die Jahreszeit.
Tatsächlich gab es Ausflügler, die den Titel der Tour wörtlich nahmen und blauen Himmel erwarteten. Ihre Kleidung war entsprechend. Kalendermäßig hatten wir den 12. Januar. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir um dieses Datum herum jemals dreißig Grad Temperatur verzeichnen konnten. Beschwer-den beim Busfahrer änderten das Winterwetter auch nicht. Aber bei jeder Bustour, wenn um die vierzig Personen zusammen-kommen, gibt es etwas zu meckern. Es ist amüsant zuzuhören. Dabei besitzen bestimmt alle Reisenden einen Schirm, dicke Socken, eine winterfeste Jacke sowie einen Kalender, um fest-zustellen, dass Winter ist. Sollte man jedenfalls annehmen.
Da samstags der früheste Bütlinger Abenteuerbus erst um 9:39 Uhr fuhr, die Tour jedoch bereits um 8:15 Uhr losging, transportierte uns unser Sohn mit dem Auto zum Treffpunkt. Gut ausgerüstet mit Schirm, Anorak mit Kapuze und warm gefütterten Stiefeln ging es los.
Der Busfahrer informierte uns nicht über das Ziel, sondern erwähnte sparsam, dass wir ans „Meer“ fahren würden. Mit Meer verbanden die meisten Reisegäste natürlich die Ost- oder Nord-see. Also verfolgten wir die Fahrtroute, um das Reiseziel zu erraten. So lag es nahe, dass wir zum Beispiel auf der Autobahn Richtung Hannover auf „Steinhuder Meer“ tippten. Beim Autobahnwechsel nach Bremen tendierten wir allerdings eher zu Cuxhafen oder Bremerhafen.
Während der Hinfahrt wurde uns eine Liste überreicht, auf der wir unser Wunsch-essen ankreuzen sollten. Hier gab es entweder Grünkohl, Matjes oder Sülze – alles norddeutsche Gerichte, aus der wir auch nicht das Ziel errieten.
Wieder ein Straßenwechsel. Nun zeigten die Wegweiser Oldenburg an. Meer! Na klar: Bad Zwischenahner Meer.
Wir hatten vorher nie Bad Zwischenahn besucht, also ließen wir uns überraschen. Von Vorteil war, dass der Busfahrer gebürtiger Oldenburger war, so-dass er uns viel erklären konnte. Zuerst machte er mit uns eine kleine Rundfahrt. Sicherlich ist der Ort bei schönem Wetter attraktiv, aber leider war der Regen hartnäckig.
Zum Mittagessen wurden wir in der Gaststätte „Spieker“ erwartet, ein traditionelles Ammerländer Speicherhaus, das am Zwischenahner Meer liegt. Der Kurpark befindet sich in direkter Nähe. Wir waren von der Innenausstattung angenehm über-rascht – das Essen war noch besser. Die Grünkohlpfanne eine Wucht, die Matjes standen dem in nichts nach und die Sülze war einfach toll. Die Bratkartoffeln sensationell. Jedem, der Bad Zwischenahn besuchen möchte, würden wir ohne Wenn und Aber den „Spieker“ empfehlen. Aber rechtzeitig reservieren, er ist stets ausgebucht.
Gut gesättigt besuchten wir das gegenüberlie-gende Bauernhaus des Freilicht-Museums. Hier könnt ihr eine Menge über das Museum erfahren. Eine sachkundige Dame erklärte uns die Ge-schichte und Lebensgewohnheiten der Bewohner im 19. Jahrhundert. Bei sonnigem Wetter kann man durchaus einen kompletten Tag auf dem Gelände verbringen.
Anschließend wurden wir zu Kaffee und Kuchen auf der MS Bad Zwischenahn erwartet. Wir stachen auf dem Zwischenahner Meer in See. So besteht immer noch die Frage, warum ein ca. 550 Hektar großer Binnensee Meer genannt wird. Wie gut, dass unser Busfahrer Oldenburger war und er uns somit darüber aufklärte, dass die Bezeichnung als „Meer“ sich in norddeutschen Sprachgegebenheiten grün-det. So heißt „Nordsee“ nicht „Nordmeer“, obwohl es im normalen deutschen Sprachgebrauch eher als „Meer“ bezeichnet werden müsste! Genauso verhält es sich mit der Ostsee, die nicht Ostmeer heißt. Logisch! Das versteht jeder hier in Norddeutschland. Ob es die süddeutschen Bundesbürger verstehen, weiß ich allerdings nicht.
Ich kann versichern, dass wir bei Kaffee und Kuchen massenhaft Informationen über das Zwischenahner Meer, die Geschichte des Meeres und die umliegenden Or-te erfuhren. Jedenfalls so viele, dass zu überlegen ist, mindestens einige Tage in Bad Zwischenahn zu verbringen. Nicht nur bezüglich der vielfältigen Sehenswürdig-keiten, sondern auch wegen der einmalig schönen Landschaft. Vom Schiff aus konnten wir auch eine Gruppe beobachten, die gerade eine Grünkohltour unter-nahm. Interessant - dazu später mehr. Fazit: Bad Zwischenahn ist eine Reise wert.
Kurz nach 16:00 Uhr ging es langsam weiter Richtung Heimat. Als Besonderheit machte unser Oldenburger Busfahrer natürlich eine kleine Stadt-rundfahrt mit uns. Hier erfuhren wir auch, dass Oldenburg die Kohltourhauptstadt ist. Mehr dar-über kann man hier lesen.
Zwanzig Minuten vor acht Uhr abends landeten wir wieder am Bahnhof Bergedorf. Nun mussten wir noch eine Stunde auf unseren Bütlinger Abenteuer-bus warten. Eine Alternative wäre gewesen, mit einem anderen Bus – der alle zehn Minuten fuhr – bis nach Geesthacht zu kommen und dann ein Taxi zu nehmen. Aber eine Taxifahrt von Geesthacht nach Bütlingen kostet fast so viel, als hätte eine dritte Person an unserer Fahrt ins Blaue nach Bad Zwischenahn inkl. tolles Mittagessen und Kaffee und Kuchen teilgenommen – steht also in überhaupt keinem Verhältnis. Tja, und da sagen die Politiker und Umweltschützer, man solle das Auto stehen lassen. Das funktioniert nicht, wenn man in Tespe Ortsteil Bütlingen wohnt. Tja, Tespe-Bütlingen ist weder ein Weltdorf noch am allgemeinen aktuellen Gemeinschafts- und Arbeitsleben angeschlossen – vielleicht sollte die Elbmarsch den Antrag für einen Kurort stellen – Bad Bütlingen am Bütlinger See klingt doch sehr verlockend.