Monique Lhoir (Monika Pallasch) Autorin in Tespe-Bütlingen Romane, Geschichten... und noch mehr
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Jetzt piepsen wir

Da waren wir noch nicht einmal eine Woche bei unserer neuen Familien, wurden wir erneut in eine Katzentransportkiste verpackt. Wo ging es denn nun hin? Wollten sie uns nicht behalten? Wir waren immer ganz lieb gewesen, das schwöre ich, haben alles ordentlich aufgefressen und stets die Katzentoilette benutzt.
Sie stellten uns auf die Rücksitzbank des Autos. ‚Hoffentlich mussten wir nicht wieder drei Stunden mit diesem schau-keligen Ding‘, fahren überlegte ich und hielt mich krampfhaft aufrecht. Marie duckte sich. Sie ist und bleibt eine Bange-büchs. 
„So, nun sind wir bei der Tierärztin“, sagte Monique, als das schaukelige Ding nach kurzer Zeit hielt.
„Tierärztin?“, fragte Marie leise, „was ist das?“
„Keine Ahnung.“ Jetzt wurde mir auch mulmig, besonders in dem Wartezimmer. Gerade als wir hereinkamen, trafen wir auf ein bellendes Ungeheuer. Oh, wie schrecklich. Und wir saßen in dieser engen Kiste fest und konnten nicht flüchten.
„Wie heißen die beiden denn?“, fragte eine Frau und öffnete unsere Transportbox. Das musste wohl die Tierärztin sein.
„Max und Marie“, erklärte Monique. „Beide sollen geimpft und gechipt werden.“
Und ich hatte gedacht, unsere neue Familie wäre nett. Was ist impfen und was ist chippen? Das brauchen wir alles nicht. Wir fühlen uns katzenwohl. Ich duckte mich, als die Hand der Tierärztin nach mir griff und mir mein Mäulchen aufriß. „Alles in Ordnung“, sagte sie.
„Was denn sonst?“, fauchte ich. „Soll ich es dir mal zeigen?“, und biss der Tierärztin in den Finger. Aber das schien sie gar nicht zu interessieren, hob mich hoch und setzte mich auf eine Waage.

„Gewicht ist auch gut.“ Anschließend kam sie mit einem spitzen Ding und piekste mir – ihr werdet es nicht glau-ben – in mein Hinterteil. Und dann noch einmal. Dieses Mal stach sie mir in meine Schulter. „So, kleiner Mann, das war es schon“, sagte sie und hielt in der Hand ein Leckerli. Ich drehte den Kopf weg. Glaubte sie etwa, sie könnte mich damit becircen? Beleidigt hockte ich mich auf das Kissen in der Transport und sah aus den Augenwinkeln zu, wie Marie nun dran war. Die stellte sich – wie immer – zickig an und schrie laut, als sie jedes Mal gepiekst wurde. Aber bei dem Leckerli sagte sie nicht nein. Typisch verfressene Marie. Ein bisschen Stolz kann man ja wenigstens noch zeigen.
Die Tierärztin fuhr mit einem Gerät über unsere Körper. Es quiekte irgendwie. „Seht ihr“, sagte sie, „nun piepst ihr.“ 
„Wieso piepsen wir?“ Ich sah Marie an. 
Sie zuckte mit den Schultern. „Klingt aber lustig, wenn du piepst“, und kicherte. Blöde kleine Schwester.
„Dann sehen wir uns im November oder Dezember zur Kastration“, sagte die Tierärztin und wir wurden wieder eingesperrt. 
„Will ich aber nicht“, murrte ich und machte mich ganz klein. Schon ging es – Gott sei Dank – nach Hause. Dort bekamen wir erst einmal eine große Portion Futter. Na, das hatten wir uns auch verdient.
Nach dem Essen verzogen wir uns zu Monique ins Arbeitszimmer. Da fühlten wir uns sicher. „Nun seid ihr namentlich registriert und habt eine Nummer“, erklärte sie und stand von ihrem Arbeitsstuhl auf.
‚Registriert?‘, überlegte ich. Das musste was mit diesem Piepsen auf sich haben und ziemlich wichtig sein. So etwas wie ein Personal-Katzen-Ausweis. Ich wusste von Anfang an, dass ich zu Höherem geboren war. Ich war wer und würde berühmt werden. Ich hatte einen Namen, eine Nummer und ich piepste. Klar, damit stand mir natürlich eine Villa mit Terrasse zu. 
Während ich mich verdient ausruhte, dachte ich darüber nach, wie ich meine Berühmtheit all den anderen Katern und Katzen da draußen in der Welt erklären könnte.

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© Monique Lhoir