Monique Lhoir (Monika Pallasch) Autorin in Tespe-Bütlingen Romane, Geschichten... und noch mehr
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Kitten retten

Wir, ich und mein Bruder, warteten am 3. September 2019 abends auf einem Holzstapel in einem Hinterhof auf unsere Mama. Sie kam immer am Abend, war aber sehr vorsichtig geworden, da zwei Tage zuvor ein Geschwisterchen von uns auf der Bütlinger Straße überfahren worden war. Es war unsere Schuld, denn wir hatten trotz Verbot unser Versteck verlassen. Wir spielten mitten auf der Straße, als ein Auto heranraste, unser Brüderchen erwischte und in die Gosse schleudert. Er rührte sich nicht mehr, war sofort tot. Mama und wir saßen traurig und stumm herum, bis Menschen kamen, ihn aufhoben und wegbrachten.

An diesem Abend hörten wir, dass Menschen in unserer Nähe waren. Natürlich verließen wir unser Versteck nicht, denn unsere Mama müsste jeden Augenblick kommen. Und tatsächlich – sie kam. Sie maunzte laut und warnte uns vor Gefahr, kam aber nicht zu uns auf den Holzstapel, sondern versteckte sich in der Nähe. Die Menschen kamen immer näher, hatten Dosen mitgebracht, es roch herrlich nach Fisch. Sie verteilten das Futter auf den Boden und gingen wieder weg. Unsere Mägen knurrten. Wir bekamen immer seltener etwas zu fressen, denn die Milch unserer Mama reichte nicht mehr und es war an der Zeit zu lernen, für uns allein zu sorgen. 

Es duftete. Ich konnte nicht widerstehen und hangelte mich hinunter. Es roch so herrlich appetitlich. Ich bekam da erste Häppchen zu fassen und verschlang es. Lecker. Schnup-pernd näherte ich mich dem zweiten Häpp-chen ein Stück weiter, fraß gierig – und tapste zum nächsten Häppchen. Doch, was war das? Blitzartig stülpte sich ein Netz über meinen kleinen Körper, ich zappelte, wollte weg, fauchte, biss und kratzte. Es half nichts. Eine Hand in Handschuhen packte mich und steckte mich in einen Korb. Verschloss ihn. Ich zitterte am ganzen Körper und machte mich in der hintersten Ecke ganz klein. Ich hörte die Menschen reden, hörte die Warnrufe unserer Mama. Wo war mein Bruder? Ich hatte schreckliche Angst. Was würde mit mir geschehen?

Nach einer ganzen Zeit wurde die Transport-kiste geöffnet. Sah ich richtig? Sie hatten auch meinen Bruder gefangen und setzten ihn ebenfalls zu mir in den Korb. Gott sei Dank, nun war ich nicht mehr allein. Dann wurden wir weggebracht, wohl in ein Haus, denn es war zumindest warm. Trotzdem zit-terten wir vor lauter Angst wie Espenlaub. Mein Bruder tat mir unendlich leid, denn er war sowieso schon nur noch Haut und Knochen.

Aber was war das? Vorsichtig wurde die Transportbox einen Spalt geöff-net und jemand schob einen Napf mit Futter und einen weiteren mit Wasser in den Korb. Das Türchen wurde wieder verschlossen. Erst trau-ten wir unseren Augen nicht, geschweige denn, uns den Näpfen zu nähern, doch dann war der Hunger größer. Diese Nacht schliefen wir satt ein.

 

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© Monique Lhoir