Und plötzlich weißt du:
Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen
und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.
(* 1260 - gestorben: †1328)
Thüringischer Theologe und Philosoph
(19) Krankenhaus
Cecilia erwacht vier Tage später mit schwersten Verletzungen im Krankenhaus. Sie kann sich an nichts mehr erinnern. Ihr Sohn, der alles mitbekommen hat, klärt sie über das Geschehene auf. Er war es auch, der Polizei und Krankenwagen gerufen hat.
(20) Fortsetzung der Therapie
Cecilias Verletzungen sind so schwer, dass die Heilung drei bis vier Monate dauern wird. Ihre Therapeutin setzt die Therapie im Krankenhaus fort. Sie weist Cecilia noch einmal darauf hin, dass sie nicht nur falscher Glaubenssätze aus ihrer Kindheit ein übersteigertes Verantwortungsbewusstsein, ein ausgeprägtes Helfersyndrom und somit eine übermäßige Opferbereitschaft hat, sondern zusammengefasst an den Spätfolgen einer Parentifizierung leidet.
Die Therapeutin rät Cecilia eindringlich, gegen René Strafanzeige wegen häuslicher Gewalt zu stellen, denn sie hilft ihm nicht, wenn sie ihn ständig deckt, sondern seine Persönlichkeitsstörung würde dadurch eher ständig schlimmer. Er würde allerdings dringend Hilfe benötigen, denn mit der Deckung Ihres Lebensgefährten würde sich Cecilia selbst in Gefahr bringen. Sie stellt trotzdem keine Strafanzeige, um René nicht zu schaden.
(21) Neuanfang
Die Therapeutin klärt Cecilia ausführlich über Narzissmus, Borderline-Persönlichkeitsstörung und Autophobie auf. Cecilia ist entschlossen, sich nach dem sogenannten Unfall auf jeden Fall von René zu trennen. Die Therapeutin macht sie darauf aufmerksam, dass eine endgültige Trennung nicht nur gut durchdacht, sondern vor allem gut geplant werden muss, um neuerliche Gewalt zu vermeiden. Sie gibt Cecilia darüber Informationsmaterial an die Hand und schaltet eine Kollegin ein, die auf dem Gebiet häusliche Gewalt spezialisiert ist.
(22) Heimlicher Auszug
Susanne, Rechtsanwältin, sucht für ihre Freundin Cecilia während derer Reha-Maßnahmen eine neue Wohnung. Auch Susanne weist Cecilia ebenfalls darauf hin, dass ihr Auszug gut geplant sein muss. Susanne kontaktiert eine Kollegin, die Fachanwältin für Familienrecht, insbesondere bei häusliche Gewalt ist und Notfallpläne für Opfer zusammenstellt und diese auch anwaltlich betreut. Alle gemeinsam planen Cecilias sicheren Auszug.
(23) Neue Wohnung
Nach acht Wochen in einer Reha-Klinik ist Cecilia endlich ihre Gehhilfen los, muss aber noch viel trainieren, bis sie überhaupt wieder Sport treiben kann. Ihre Freundin Susanne holt sie ab und fährt mit ihr in die neue Wohnung, die auf einen anderen Namen gemietet ist und nur mittels eines Codes betreten werden kann. Sie hat auch für Cecilia neue Handy- und Telefonverträge auf andere Namen eingerichtet. Sämtliche öffentliche Ämter sind offiziell angewiesen, aus Sicherheitsgründen keine Auskünfte über Cecilias Namen herauszugeben. Nicht einmal in ihrer Kanzlei ist ihre neue Adresse bekannt, nur ihr Compagnon kennt sie und hat ebenfalls gänzlich neue, schwer zu knackende Mail-Adressen eingerichtet. Cecilia ist völlig erschlagen, als sie ihre Wohnung mit all den Neuerungen in der Anonymität betritt.
(24) Das Leben neu ausrichten
Cecilia lebt sich langsam in der neuen Wohnung ein. Viele Arbeiten kann sie von zu Hause aus erledigen, zu Auswärtsterminen fährt sie mit dem Auto, parkt es aber aus Sicherheitsgründen nie für längere Zeit öffentlich. Susanne kommt sie regelmäßig besuchen, kauft auch für sie ein. Panikattacken bekommt sie keine mehr, aber durch die vergangenen Attacken und der jetzigen Isolation in der Anonymität fühlt sie sich linkisch und ist teilweise sogar eingeschüchtert. Ihre frühere Selbstsicherheit hat sie völlig verlernt. Susanne kann sie überreden, gemeinsam mit Freunden ein Lokal in der Düsseldorfer Altstadt zu besuchen, um so langsam wieder am normalen Leben teilzunehmen.
(25) Der Albtraum kehrt zurück
Inzwischen wohnt Cecilia ein halbes Jahr in der neuen Wohnung. Auch hat sie inzwischen wieder mehr Selbstsicherheit bekommen. Sie erwartet ihren Compagnon, der ihr Arbeitsunterlagen vorbeibringen will. Es klingelt. Unbedarft öffnet Cecilia die Wohnungstür, ohne die vereinbarten Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten. Unerwartet taucht René in der Wohnung auf. Er beschimpft sie, weil sie die Miete der alten Wohnung nicht bezahlt, in der er noch lebt, und deshalb eine Räumungsklage erhalten hätte. Cecilia erklärt ihm, dass er für sich und seine Kosten selbst verantwortlich sei. Er zieht eine Pistole und will sie zwingen, wieder mit ihm zusammenzuziehen. Der Streit endet in einer Eskalation.
(26) In der forensischen Psychiatrie
Cecilia erwacht nach vier Tagen. Sie befindet sich in der forensischen Psychiatrie des Gefängnisses im LVR-Klinikum. Dort erfährt sie, dass René tot ist und sie in Untersuchungshaft ist, weil sie mit der Waffe in der Hand aufgefunden wurde. Ihre Therapeutin wird ihr offiziell zur Seite gestellt. Cecilia benötigt nun einen guten Strafverteidiger. Sie bittet ihre Therapeutin, ihr den alten Terminkalender zu besorgen, weil sich darin alle Adressen ihres Klientenstamms befinden. Dabei fallen der Zettel, der Ring und die Rosenblätter von Claus heraus. Heimlich notiert die Therapeutin die auf dem Zettel stehenden Telefonnummern.
(27) Untersuchungshaft
Einige Tage später teilt die Therapeutin Cecilia kurz mit, dass sie einen Strafverteidiger für sie gefunden hat. Renés Familie ist ebenfalls informiert. Der Termin für eine Trauerfeier würde in Kürze stattfinden. Kurz darauf hat Cecilia einen Termin mit dem Strafverteidiger. Er kommt ihr bekannt vor. Es stellt sich heraus, dass es einer der Motorradfahrer ist, die sie im vorigen Jahr auf der Fährfahrt von Barcelona nach Palma kennenlernte und die sie in ihrer Kabine hatte duschen lassen.
(28) Erinnerungen
Eine kleine Trauerfeier für René findet statt. Trotz Inhaftierung erhält Cecilia die Gelegenheit, allein Abschied zu nehmen. Sie erinnert sich an die anfänglich schönen Zeiten und gemeinsamen Urlaube. Auf diese Weise schließt sie endgültig Frieden mit René und der harten gemeinsamen letzten Jahre mit ihm.
(29) Die Mutter und der Strafverteidiger
Nach der Trauerfeier besucht Renés Mutter Cecilia in der forensischen Psychiatrie. Sie spricht mit ihr ausführlich über Renés Kindheit und gibt sich selbst an seinem Fehlverhalten die Schuld, da sie in jungen Jahren viele Fehler gemacht hätte. Sie zahlt Cecilia für Tobias‘ Zukunft das Geld aus, das René Cecilia schuldete.
Am nächsten Tag erhält Cecilia einen Fernseher, Malutensilien und Bücher auf ihre Zelle. Bis zur Hauptverhandlung zum Strafverfahren kann sie in der forensischen Psychiatrie bleiben, muss nicht ins U-Gefängnis. Mehr konnte der Strafverteidiger nicht erreichen. Eine Haftverschonung bis zur Verhandlung wurde vom zuständigen Haftrichter abgelehnt.
Ihr Strafverteidiger fragt, ob Claus sie besuchen dürfe. Cecilia will Claus nicht sehen.
(30) In Palma auf See
Cecilia bekommt keine Panikattacken mehr, womit ihre Therapeutin Recht behält, dass diese mit René im Zusammenhang standen. Kurzfristig erfährt sie, dass eine Seebestattung für René ab Palma organisiert sei und sie zu diesem Zweck dorthin reisen dürfte. Ihr Strafverteidiger und die Therapeutin verbürgen sich für ihre Rückkehr. Am Abreisetag wird sie abgeholt, doch der Wagen fährt nicht zum normalen Passagierterminal, sondern zu einem privaten Flugzeughanger. Hier trifft sie Claus, der die kleine Gruppe, bestehend aus ihrem Sohn, dem Strafverteidiger und ihrer Therapeutin, mit seinem Firmenjet nach Mallorca fliegt. Auf dem gecharterten Schiff trifft sie Renés Mutter sowie Karl-Heinz aus der Surf-Schule in Font de Sa Cala.
(31) Aussprache mit Claus
Bevor Cecilia nach Düsseldorf zurückfliegt, wird sie von Claus in ein Restaurant entführt. Im Gespräch erfährt sie, dass Claus sie bereits seit einem Jahr gesucht hatte, weil sie sich nicht, wie versprochen, bei ihm in Düsseldorf gemeldet hatte. Erst durch den Anruf der Therapeutin erfuhr er, dass Cecilia in der forensischen Psychiatrie ist und macht sich Vorwürfe, dass er mit seinem damaligen Anruf bei Cecilia zu Hause indirekt zu ihrer jetzigen Situation beigetragen hat. Er persönlich fliegt die kleine Gruppe nicht wieder zurück nach Düsseldorf, da er auf Mallorca geschäftlich zu tun hat.
(32) Der Prozess
Die Hauptverhandlung zum Strafverfahren gegen Cecilia findet statt. Claus ist als Zuschauer anwesend und erfährt durch den Bericht sowie das psychologische Gutachten der Therapeutin, was Cecilia in den letzten sechs Jahren durchgemacht hat. Er ist erschüttert.
(33) Die Ruine in Font de Sa Cala
Nach Cecilias Freilassung überraschen Claus und Tobias sie mit einem Flug nach Mallorca. Cecilia nimmt an, dass er auf der Insel zu seiner Finca nach Santanyí fährt, doch er lenkt den Wagen nach Font de Sa Cala. Oberhalb der Klippen ihres Zufluchtsortes, der Ruine, parkt er. Was Cecilia dann sieht, macht sie wütend und tieftraurig: Auf den Mauern der alten Ruine steht ein neuerbautes Haus. Sie will sofort zurück. Claus hat mit dem Bau des Hauses ihren ewigen Traum, und damit ihre Kraftquelle zerstört.
Ihre Freunde können sie überzeugen, vorerst in Font de Sa Cala zu bleiben, denn für ihren Sohn ist es psychisch besser, aus der alten Umgebung herauszukommen, die ihn sonst ständig an die Vorfälle sowie Cecilias Verhaftung erinnern würden. Claus hat sich während dieser Zeit um den Jungen gekümmert, sodass Tobias seine Lerndefizite aufholen konnte und in ein Gymnasium überwechseln kann. Er hat bereits einen Platz im internationalen Gymnasium in Palma reserviert. Cecilia zustimmt vorerst unter Vorbehalt zu, will Claus aber nicht mehr sehen.
(34) Karl-Heinz
Cecilia bleibt vorerst auf der Insel. Langsam wird es Herbst, dann Winter. Die Touristen sind fort, Font de Sa Cala ist verlassen. Ihr Compagnon schickt ihr Aufträge und Projekte aus Deutschland, sodass sich Cecilia nach und nach einen festen Kundenstamm aufbauen und wieder als Unternehmens- und Steuerberaterin unabhängig arbeiten kann. Ihren Sohn sieht sie nur an den Wochenenden. Sie genießt die ruhigen Stunden mit Karl-Heinz, weil sie mit ihm stundenlang philosophieren und reden kann.
So vergeht ein weiteres Jahr. Cecilia geht während der gut eineinhalb Jahre komplett in ihrer Arbeit auf und lebt vollkommen zurückgezogen.
In den Mußestunden denkt viel über sich nach, über ihr übersteigertes Verantwortungsbewusstsein, über ihr Helfersyndrom und ihre übermäßige Opferbereitschaft, Eigenschaften, die sie in diese Situation gebracht haben. Sie lernt daraus viel über sich selbst, aber vor allem lernt sie während dieser Zeit das Zauberwort, nämlich rechtzeitig Nein zu sagen. Langsam findet sie sich selbst und ihre Mitte wieder.
(35) Pablo
Cecilia wird in den Mauern ihrer ehemaligen Ruine, die nun ein Haus ist, mit der Zeit ruhiger. Ihr Sohn geht weiterhin aufs Gymnasium in Palma. Inzwischen ist er fünfzehn. Karl-Heinz erinnert sie bei einem ihrer Besuche daran, dass sie schon seit Jahren Pablo, den ehemaligen Besitzer der Ruine, besuchen wollte. Karl-Heinz fährt sie zu ihm auf seine Finca in Capdepera, auf der er zurückgezogen lebt und in der Region als Weiser Alter Mann gilt. Pablo hat schon lange Zeit auf Cecilia gewartet. Er erzählt ihr die traurige Geschichte der ehemaligen Ruine, auf deren Mauern nun das Haus der Liebe steht, in dem sie wohnt.
Danach weiß Cecilia mit Gewissheit, dass sie nach all den Ereignissen der letzten Jahre und den Erfahrungen, die sie durchleben musste, nie wieder die alte Cecilia sein wird. Die gibt es nicht mehr.
(36) Claus
Cecilia hat sich während der fast zwei Jahre viele Gedanken über die Rolle der Frau in der Gesellschaft, in der Soziologie sowie der Politik gemacht. In der heutigen Gesellschaft ist die Rolle der Frau vielfältig und beinhaltet eine große Bandbreite an Rollen. Deshalb ist es umso unverständlicher, dass häusliche Gewalt heute eine so große Rolle spielt und die Zahlen von Gewalt in die Höhe schießen, insbesondere wenn fast jeden Tag ein Mann seine (Ex-)Partnerin tötet oder alle drei Minuten Frauen und Mädchen Opfer von häuslicher Gewalt werden. Hier ist die Politik gefragt. Aber das wird schwierig, weil die meisten Posten mit Männern besetzt sind und wer sägt schon gerne am eigenen Ast, wenn er damit seine Bequemlichkeit, die die ausgeprägte Opferbereitschaft der Frauen ihm bietet, und sein Patriarchentum aufgeben müsste.
Cecilia hat ihr eigenes Schicksal verarbeitet und festgestellt, dass sie nur eine von vielen Hunderttausende allein in Deutschland war.
Was hatte der Weise Pablo ihr gesagt: „Mädchen, ich träume nur noch mein Leben, aber du bist noch so jung, um deinen Traum zu leben.“
Wieder wird es Frühling und Ostern naht. Cecilia weiß, dass die Motorradfahrer bald ihre Räder nach Mallorca bringen werden. Wie vor drei Jahren, als sie die Biker auf der Fähre von Barcelona nach Palma kennenlernte und die Männer in ihrer Kabine hatte duschen lassen. Ihre Therapeutin hatte ihr damals gesagt, dass nicht alles Schicksal ist und es immer zwei Wege gibt, sodass man sich seinen Weg stets selbst wählen kann.
Ist Cecilia nach Allem wieder soweit gestärkt, dass sie es tatsächlich wagen sollte?