Jetzt, da ich eine piepsende Berühmtheit war, wollte ich die Tatsache mit meinen Artgenossen draußen in der Welt natürlich teilen. Ab und zu sah ich sie vom Fenster
aus durch den Garten marschieren. Ich machte mich durch Klopfen an die Fensterscheibe bemerkbar, aber dann blickten die grauen, braunen und schwarzen Kater und Katzen nur kurz zu mir hinüber und
verschwanden wieder. Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen.
So kundschaftete ich die Eingangstür aus. Durch diese kam und ging meine Familie. Wenn es zum Beispiel klin-gelte, öffneten sie die Tür einen Spalt, allerdings zu we-nig, um hinauszuschlüpfen.
Meistens sperrten sie uns rasch in ein Zimmer oder lenkten uns ab, um hinauszugehen. Manchmal besuchte uns jemand, oft kam ein Paket – hoffentlich mit leckerem Futter. Kartons bekom-men bereitete uns
stets viel Spaß. Jedenfalls hatte ich keine Möglichkeit, unbeob-achtet durch den Türspalt zu entwischen. Sie schauten immer nach unten, um zu sehen, ob wir an der Tür standen.
So kam eines Tages eine große Kiste. Sie packten sie nicht aus, sondern stellten sie unverschlossen neben die Eingangstür. Das war praktisch. Ich konnte hinaufsprin-gen und das Geschehen von oben
beobachten, insbesondere das Öffnen der Tür.
Es war November, dunkel und regnerisch. Fest nahm ich mir vor, an diesem Tage der Draußenwelt meine Berühmtheit zu erzählen. So verharrte ich ständig auf dem Karton
und beäugte das Kommen und Ge-hen. Und dann: Monique war schon schlafen gegan-gen, meine Schwester Marie gleich mit ihr, ging Herrchen hinaus, um zu rauchen. Rauchen ist ziem-lich blöd. Er sah mich
nicht, öffnete die Tür und – schwupp – draußen war ich.
Ups, war das dunkel, kalt und nass. Schnell verkroch ich mich unter einem Busch und überlegte, wo ich nun all die Katzen und Kater finden könnte. Die gingen mal links, mal rechts, also musste sie in
den umliegen-den Häusern auf der anderen Straßenseite wohnen. Vorsichtig tastet ich ich vor-wärts. Herrchen rief nach mir. Ich machte mich winzig klein, legte mich flach auf den matschigen Boden. Ich
hörte, wie Herrchen in die Wohnung stürmte und hys-terisch schrie: „Max ist abgehauen!“
Rasch huschte ich bis zum nächsten Baum, flitzte über die Straße Richtung Zaun und versteckte mich erneut. Aus den Augenwinkel sah ich, dass Monique nun eben-falls
draußen war. Die Wohnungstür hatte sie weit auf-gerissen und im Flur Licht gemacht. Ich hörte meine Schwester Marie innen laut jammern. Ich war völlig verwirrt und schlich hin und her. Was sollte
dieses The-ater, wo ich doch nur den anderen Katzen und Katern über meine Berühmtheit berichten wollte. Ich setzte zum Sprung an, denn ich wollte vorsichtshalber wieder auf die unsere Straßenseite.
Aber da, plötzlich kam ein riesengroßes, dröhnend brummendes Tier mit riesigen, grellen Augen auf mich zu. Ich erschrak, bekam erneut Angst und rannte kopflos hin und her. Herrchen stellte sich
mitten auf die Straße – der ist mutig – und stopp-te das Ungetüm. Aber nun kam von der anderen Seite ein ähnlich aussehendes Monster mit gefährlich blit-zenden Augen. Was nun? Auch das bremste
Herrchen aus. Meine Hochachtung.
Monique rief mich ganz leise, lockte mich mit meiner Spielmaus und Leckerlies. Das waren beruhigende Geräusche. Geduckt schlich ich auf die weit offenstehenden Tür zu – und husch – war ich wieder in
meinem Revier. Sicherheitshalber flitze ich in Windeseile gleich durch bis in den Wintergarten in meine oberste Kratzbaumhöhe. Hier konnten mich keine Ungeheuer erwischen. Die waren viel zu groß, um
da hin-aufzukommen. Puh, geschafft. Den restlichen Abend verbrachte ich damit, mein Fell zu putzen.
Seufszend legte ich meinen Kopf auf die Pfoten. Das war verdammt anstrengend. Aber – ehrlich gesagt – Herrchen ist ein Held. Er hat sich mit diesen riesigen, leuchtenden Ungeheuern angelegt, sie
unter Einsatz seines Lebens gestoppt und gewonnen.
Die Sache mit meiner Berühmtheit vertagte ich erst mal auf einen späteren Zeit-punkt. Dann waren bestimmt all die riesigen, brummenden Ungeheuer mit den grellen Augen erledigt.